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29.11.2020 - Predigt zum Gottesdienst am 1. Advent 2020

Gottesdienst am 1. Advent 2020, 29. November, Amanduskirche Freiberg

Was ist der Unterschied zwischen Jesus und den vielen Möchtegernkönigen heute? Ganz einfach: Bei Jesus war der Esel drunter, heute sitzt der Esel oben.

So möchte ich diesen Vers aus dem Propheten Sacharja auf den Punkt bringen. Jesus hat bereits vor 2000 Jahren vorgelebt, was Demut bedeutet, nämlich sich selbst nicht so wichtig nehmen. Nicht auf Kosten der Gemeinschaft protzen. Nicht die Ungerechtigkeit verstärken, sondern Gerechtigkeit schaffen. Friede zwischen Arm und Reich, Ausgleich zwischen Mann und Frau, Respekt zwischen Alt und Jung.

Sind das nicht genau unsere Themen heute? Komisch, dass sich das gar nie zu ändern scheint. Überall auf der Welt, vor allem aber in den reichen Ländern, wächst die Zahl der Armen. Das ist schon verrückt, wenn man sich diesen Satz mal ganz bewusst anschaut: In den reichen Ländern wächst die Zahl der Armen. Wie kann ein Land reich sein, wenn doch die Armut wächst? Ist es da nicht in Wahrheit ein armes Land?

Donald Trump wollte Amerika groß machen, aber er hat es fast seiner Seele beraubt, weil er die Spaltungen im Land vergrößerte, oben gegen unten, schwarz gegen weiß, weil er die Lüge als systematisches Machtmittel nutzte und sich selbst ins Zentrum seiner Politik stellte.  

Das Ergebnis: Während sich die Reichen überlegen, wie sie ihr sechstes oder siebtes Auto in der Garage unterbringen, hausen die Armen in Zelten vor dieser Garage.

Darum habe ich auch gejubelt wie die Einwohner Jerusalems, als er abgewählt wurde, habe auf meiner Terrasse ein kleines Feuerwerk entzündet und sieben Raketen gen Himmel geschickt, dazu auch getanzt und gesungen. Habe mich riesig gefreut über den neuen Präsidenten, weil ich mit ihm neue Hoffnungen verbinde, Hoffnungen auf ein sich von innen heraus erneuerndes Amerika. Auch wenn, da bin ich natürlich Realist, das ein langer und steiniger Weg sein wird. 

Doch bevor sich die eigene Stirn in neue Sorgenfalten legt, gehört der Jubel gehört dazu, wie er denn auch in Washington rund ums Weiße Haus zu hören und zu sehen war. Was mich besonders daran gefreut hat: Es war kein Gedröhn, kein Siegesgeheul und Parolenschreien, sondern es war, als ob ein Alptraum endlich zu Ende geht, eine Erlösung kommt, ein Jubel der Befreiung einsetzt. Ein neuer König, ein neuer Präsident kündigt sich an, einer, der es anders machen will als sein Vorgänger.

Haben Sie auch gejubelt am Abend des 7. November, als das Wahlergebnis feststand? Würde mich interessieren!

Stimmen sammeln….

Vielleicht ist das etwas, womit wir uns gerade in Deutschland immer etwas schwertun, gerade im politischen Bereich, vielleicht sind wir da einfach zu gebrannte Kinder.  

Die Zionsstadt jedoch, also Jerusalem soll jubeln, schreibt Sacharja vor 2500 Jahren, wenn dieser neue König auf seinem Esel einreitet, denn ein solcher König ist wahrlich was Besonderes. Und das ist dann ja auch geschehen, wie wir in der Schriftlesung gehört haben, die Janis uns vorgelesen hat. Da ist das dann passiert, die Verheißung aus dem Alten Testament hat sich in Jesus erfüllt.

Jesus ist ein echter König des Volkes, stammt aus der Mitte des Volkes, ist nicht von großer Herkunft, kein Großkönig, kein Sonnenkönig, kein Kaiser, der auf seinem Thron sitzt oder inmitten der Not seines Volkes täglich seinem Vergnügen nachgeht.

Sacharja schreibt: Das Neue an dem König auf dem Esel ist, dass Gott ihm zur Seite stehen wird, ja, dass er Gottes Dienst an uns sichtbar macht. Dazu braucht er natürlich auch ein Volk, das einen solchen schlichten König gerne annimmt, das sich diesen Gottesdienst auch gefallen lässt. Und daran, wenn wir ehrlich sind, hapert´s halt auch bei uns! Weil wir alle, ganz tief in uns drin, diese Sehnsucht nach Glanz und Gloria haben, nach weltlicher Macht, nach Schönheit und Größe!

Ich weiß noch gut, wie Königin Silvia von Schweden und ihr Mann Carl Gustaf auf ihrer Deutschlandreise im Jahr 1979 in Kornwestheim angekommen sind. Das war ein großer Bahnhof am Bahnhof. Lothar Späth war dabei und natürlich die ganze Stuttgarter Politikprominenz. Und ich mit meinen 14 Jahren stand auch in der Menge. Damals war ich ein Konfirmand wie ihr heute. Natürlich fühlt das toll an, wenn man etwas vom Glanz eines Königs, einer Königin abbekommen darf. Und Silvia ist ja eine Deutsche, war damals eine junge Frau aus Heidelberg, die dann Königin von Schweden wurde! Ja, wir alle träumen von diesem Glanz, von dieser Gloria! Auch in unserem eigenen Leben! Wollen gerne einmal bejubelt werden, wollen gerne viele Follower haben!

Dabei haben wir doch in Wahrheit einen viel besseren König bei uns, nämlich den, der damals auf dem Esel nach Jerusalem eingezogen ist.

Freilich, das ist kein Sonnenkönig, kein King of Pop, kein King of Glanz und Gloria.

Doch bis heute tut dieser König Sonntag für Sonntag, wenn wir uns das gefallen lassen, den Dienst Gottes an uns. Dieser Jesus ist gar nie mehr abgewählt worden, er ist immer noch unter uns, natürlich nicht so laut, nicht so prollig und protzig wie die anderen Könige, sondern eher leise. Aber sein Dienst an uns ist derselbe wie damals, als er nach Jerusalem einzog. Er will uns mit inneren Kräften und Glaubensmut stärken, uns aus den Depressionen und Sorgen unserer Welt erheben.

Und die sind groß, gerade jetzt in diesem Jahr. Darüber sind wir uns wohl alle einig. Die Auswirkungen der Pandemie brachten und bringen viele Menschen in gesundheitliche, wirtschaftliche, soziale und psychische Nöte. Bei nicht wenigen stellt sich jetzt schon die Frage, ob sie nach Ende der Krise ihr altes Leben werden fortsetzen können. Ich selbst musste im vergangenen halben Jahr drei Familien begleiten, die einen Angehörigen durch Suizid verloren haben. Das ist zumindest auffällig. Ähnliche Beobachtungen wurden mir aus den Reihen der Polizei berichtet.

Darum, so meine ich, haben wir in dieser Adventszeit die Ankunft dieses besonderen Königs umso nötiger. Als glaubender Mensch und Pfarrer ist es mir ein großes Anliegen, Ihnen und Euch zu sagen:

Jesus ist nicht nur damals nach Jerusalem eingeritten, nein, er reitet auch noch heute in unser Leben, wenn wir das zulassen, wenn wir uns bereit machen für ihn. Jede Adventszeit lädt uns ein, uns auf diesen König in unserem Leben zu freuen, uns vorzubereiten, ihn bei uns wohnen zu lassen.

Damit er in uns geboren wird, er mit seiner Liebe, mit seiner Gerechtigkeit, seiner Hoffnung, seinem Frieden. Nehmen wir ihn an, diesen König, jubeln wir mit Jerusalem und singen aus vollem Herzen: Tochter Zion, freue dich!

Amen.


 

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